2. Overather Jagdforum

Die neue tödliche Schweineseuche ASP ist bei uns noch nicht angekommen. Aber als die Krankheit im Sommer plötzlich in Tschechien nachgewiesen wurde und somit quasi an unsere Haustür klopfte, schrillten bei Behörden, Jägern und Landwirten erste Alarmglocken. Was, wenn die Afrikanische Schweinepest (ASP) plötzlich auch bei uns nachgewiesen wird? Was bedeutet das für Jäger, was für Landwirte und für Öffentlichkeit und Verbraucher? Viel Diskussionsstoff für das 2. Overather Jagdforum……

Das Podium: S. Pietsch (Lanuv), L. Stinn (Kreislandwirt), Dr. Mönig (Kreisveterinär), Dr. Petrak (Forschungsstelle Jagdkunde), R. Huckriede (HR Overath)

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat der Hegering Overath e.V. zum 2. Overather Jagdforum eingeladen. Das Thema wurde diskutiert mit folgenden Experten:

Dr. Michael Petrak               Forschungsstelle für Jagdkunde und
                                          Wildschadensverhütung,     
                                          Landesamt für Natur, Umwelt und              
                                          Verbraucherschutz NRW

Dr. Thomas Mönig               Veterinär- und Lebensmittelüberwachung
                                          Rhein.-Berg. Kreis

Lothar Stinn                        Kreislandwirt Rhein.-Berg. Kreis

Das Thema war bei Jägern wie Landwirten gleichermaßen brisant. So wunderte es nicht, dass der Saal brechend voll war. Die letzten Gäste mussten sich noch schnell ein paar Stühle organisieren, um nicht zu stehen oder mit der Fensterbank Vorlieb nehmen zu müssen. Selbst aus den benachbarten Oberberg und Rhein-Sieg haben viele Jäger den Weg nach Overath gefunden.

Der Saal war voll

Inhaltlich ging es dann direkt zur Sache. Dr. Mönig erläuterte zunächst auf welchem Wege die Afrikanische Schweinepest übertragen wird. Da eine Ausbreitung „von Schwein zu Schwein“ nur sehr langsam Raum greifen kann, können neue Seuchenherde eigentlich nur durch Touristen (nicht desinfizierte Stiefel), Tiertransporte und das berüchtigte weggeworfene Wurstbrötchen entstehen. Dabei ist das Virus ausgesprochen langlebig: im freigesetzten Blut kann es 15 Wochen ansteckend bleiben, gepökelter Schinken stellt 140 Tage, Parmaschinken 399 Tage und Schweinekot 100 Tage eine Gefahr dar. Ein weggeworfenes Brot mit Parmaschinken kann also noch nach mehr als einem Jahr(!!) eine Ansteckung hervorrufen. Daher sollen neben den Touristen vor allem auch Fernfahrer (in der jeweiligen Landessprache) durch Plakate und Flyer sensibilisiert werden.

Als die Diskussion dann auf die konkreten Auswirkungen eines ASP-Ausbruches einging, wurde manch ein gestandener Jäger etwas blaß um die Nase. Nach tschechischem Vorbild ist die Einrichtung eines 2000 ha großes Kerngebietes vorgesehen, in dem die Jagd ruht. Eine Einzäunung wird erwogen. Land- und Forstwirtschaft soll eingeschränkt oder gar eingestellt werden. Auch ein völliges Betretungsverbot wird diskutiert. Um dieses Kerngebiet wird ein gefährdeter Bezirk mit einem Radius von etwa 20 km eingerichtet. Um sich ein Bild zu machen, wie groß dieses Gebiet ist, wurde eine Karte mit 20 km Radius gezeigt – das sind riesige Gebiete! Dort sollen die Sauenbestände um bis zu 90% reduziert werden. Und bei der Frage nach dem „wie soll man das denn schaffen“ stehen eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Diskussion: Schalldämpfer, Nachtsichtgeräte, Aufhebung von Schonzeiten und Mutterschutz, Hubschraubereinsatz, Sauenfänge….. und selbst Gift soll im Einzelfall kein Tabu mehr sein.

O-Ton Schalldämpfer https://vimeo.com/239322538

O-Ton Nachsichtgeräte https://vimeo.com/239322453

Welche Auswirkungen solche Maßnahmen für die Landwirte haben, liegt auf der Hand. Kreislandwirt Stinn sieht das Bergische Land, das nicht von Schweinezucht und –mast geprägt ist, zwar nicht im Fokus dieser Probleme, aber auch hier werden gewerbliche und Hobbytierhalter leiden. Insbesondere für Halter von alten und seltenen Tierrassen ein Desaster. Existenzgefährdend wäre die ASP allerdings in den klassischen Schweineregionen des Landes. Ein Ausbruch würde neben dem Keulen ganzer Bestände auch Exportverbote und den massiven Preisverfall bedeuten. Da man von der Schweinehaltung ohnehin schon lange nicht mehr reich werden kann, wird die ASP zahlreichen Landwirten den Todesstoß bringen.

O-Ton Landwirtschaft https://vimeo.com/239322339

Abschließend ging es dann um die Frage, was Jäger denn hier und heute prohylaktisch gegen ein das Einschleppen und die Ausbreitung tun können? Die Antwort von Dr. Petrak klingt zunächst lapidar: Schweine effektiv bejagen, um so den Bestand zu senken. Wie aber bejagd man Wildschweine effektiv? Diese Frage sorgte für eine sehr angeregte und teilweise emotionale Diskussion im Saal. Jagdschneisen im Mais verbindlich vorschreiben? Frischling schießen, aber auch die Gestreiften? Wieso gibt es in NRW Beschränkungen bei Überläufern? Was ist mit Lichtquellen, wie sie jetzt in Rheinland-Pfalz zugelassen wurden? Und warum nicht direkt Nachtzielgeräte erlauben? Nur – bringen diese Maßnahmen den erwünschten Erfolg oder sind sie am Ende gar kontraproduktiv? Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass diese Diskussion nicht einvernehmlich endete.

O-Ton Bejagung https://vimeo.com/239322248

In einer Schlussrunde fassten die Podiumsteilnehmer dann die aus iher Sicht wesentlichen Punkte zusammen. Der Saal, der zu Beginn der Versammlung aus allen Nähten platzte, tat es nach über 2 Stunden Diskussion noch immer – kein einziger Zuhörer verließ vorzeitig das 2. Overather Jagdforum. Offenbar hat das Thema den Nerv der Jägerschaft getroffen.

O-Ton Schlusswort https://vimeo.com/239322577